Editorial (PDF 351 kB)
Joanna Barck und Wolfgang Beilenhoff
Das Gesicht im Film
und seine sekundären Inszenierungen
Eine Einleitung der Gastherausgeber zum Themenschwerpunkt „Das Gesicht
im Film“ (S. 6-11) (PDF 211 kB)
Jacques Aumont
Der
porträtierte Mensch (S. 12-49)
(PDF 300 kB)
Wolfgang Beilenhoff
Affekt als
Adressierung
Figurationen der Masse in Panzerkreuzer Potemkin (S. 50-71)
(PDF 876 kB)
Karl Sierek
Eye-Memory und mimische Entladung
Der Warburg-Kreis und die Darstellung des Gesichts im bewegten Bild (S. 72-89) (PDF 528 kB)
Joanna Barck
Den Film
aufs Gesicht projizieren
Terayamas Gesichter des Sekundären (S. 90-111)
(PDF 1MB)
Vinzenz Hediger
Der Film als Tagesrest und Ferment des Symptoms
Psychoanalyse, Filmologie und die Nachträglichkeit der psychoanalytischen
Filmtheorie (S. 112-125) (PDF 210 kB)
Cesare Musatti
Kino und
Psychoanalyse (S. 126-143) (PDF 223 kB)
Cesare Musatti
Die psychischen
Prozesse, die vom Kino in Gang gesetzt werden (S.
144-159) (PDF 219 kB)
Serge Lebovici
Psychoanalyse und
Kino (S. 160-169) (PDF 197 kB)
Jean Deprun
Das Kino und
die Identifikation (S. 170-175) (PDF 150 kB)
Jean Deprun
Kino und
Übertragung (S. 176-181) (PDF 150 kB)
Editorial:
Das Gesicht im Film und seine sekundären Inszenierungen [Auszug]
Nach dem Gesicht im Film zu fragen, implizierte lange Zeit entweder die Hinwendung
zum Stargesicht oder mündete in eine traditionelle Interpretation des Gesichts
als physiognomisch und psychologisch bestimmbare Ausdrucksfläche. Als solche
war das Gesicht nicht nur attraktiv oder charaktervoll, sondern vor allem auch
moralisierbar. Der mimische Ausdruck des Gesichts, nicht selten durch seine
spezifische Physiognomie unterstützt (vgl. Campe/Schneider 1996; Löffler
2003), diente nicht nur dem Stummfilm zur Charakterisierung der Figur. Doch
insbesondere dort schien das mimisch bewegte Gesicht besonders prädestiniert,
die Tiefen und Untiefen einer dem bloßen Auge ansonsten verborgenen Seele
wieder auszuloten. Auch Béla Balázs’ 1923 geschriebene
Filmabhandlung
Der sichtbare Mensch situiert das filmische Gesicht in dem seit der Spätaufklärung
kontinuierlich reflektierten Gesichtsdiskurs, indem die Unmittelbarkeit und
Echtheit eines Gesichtsausdrucks proklamiert wird. Balázs’
Filmtheorie
muss an dieser Stelle als grundlegender Beitrag für die spätere Auseinandersetzung
um die komplexe Rolle des Gesichts innerhalb der Kommunikations- und Wahrnehmungstheorien
gewürdigt werden. Hervorzuheben ist dabei die ästhetische Dimension,
in der Balázs die filmische Physiognomie auslotet.
War für Balázs das Gesicht vor allem noch lesbar und dechiffrierbar,
so ist es für Jacques Aumont bereits eine Kommunikationsfläche, die
durch bestimmte Inszenierungsverfahren seine Bedeutung erlangt. In seinem Buch
Du Visage au Cinéma (1992), dessen Kapitel „L’Homme Portrait“
in diesem Themenheft als Übersetzung vorliegt, hat Aumont zum ersten Mal
eine systematische Untersuchung des Phänomens Gesicht unternommen. Seither
wächst das Interesse am medialisierten Gesicht und seinen Funktionen beständig
und mit ihm nicht nur die Anzahl an entsprechenden Kunstwerken und Filmen, sondern
auch die der damit korrespondierenden (film-)wissenschaftlichen Diskurse. Die
theoretisch-kritische Auseinandersetzung mit dem Gesicht setzt verhältnismäßig
spät ein, bedenkt man, dass das Gesicht sowohl in der Bildenden Kunst als
auch im Film in den 1960er Jahren stark thematisiert wurde. Man denke dabei
an Ingmar Bergmans Ansiktet (Das Gesicht, S 1958) und Persona (S 1966), oder
an Arnulf Rainers „Gesichts-Übermalungen“, in denen sich bereits
eine hohe Sensibilität für die Gesichtsproblematik und die Folgen
der vielfältigen Medialisierungen feststellen lässt. Die dort beginnende
Reflexion über das Gesicht führte zu einer wachsenden Zahl von Analysen
visueller Kommunikationsstrukturen und ihren gesichtsdominanten Strategien […]