13/01/2004
Das Gesicht im Film / Filmologie und Psychoanalyse

Editorial (PDF 351 kB)

Joanna Barck und Wolfgang Beilenhoff
Das Gesicht im Film und seine sekundären Inszenierungen
Eine Einleitung der Gastherausgeber zum Themenschwerpunkt „Das Gesicht im Film“ (S. 6-11)
(PDF 211 kB)

Jacques Aumont
Der porträtierte Mensch (S. 12-49)
(PDF 300 kB)

Wolfgang Beilenhoff
Affekt als Adressierung
Figurationen der Masse in Panzerkreuzer Potemkin (S. 50-71)

(PDF 876 kB)

Karl Sierek
Eye-Memory und mimische Entladung
Der Warburg-Kreis und die Darstellung des Gesichts im bewegten Bild (S. 72-89)
(PDF 528 kB)

Joanna Barck
Den Film aufs Gesicht projizieren
Terayamas Gesichter des Sekundären (S. 90-111)
(PDF 1MB)

Vinzenz Hediger
Der Film als Tagesrest und Ferment des Symptoms
Psychoanalyse, Filmologie und die Nachträglichkeit der psychoanalytischen Filmtheorie (S. 112-125)
(PDF 210 kB)

Cesare Musatti
Kino und Psychoanalyse (S. 126-143) (PDF 223 kB)

Cesare Musatti
Die psychischen Prozesse, die vom Kino in Gang gesetzt werden (S. 144-159) (PDF 219 kB)

Serge Lebovici
Psychoanalyse und Kino (S. 160-169) (PDF 197 kB)

Jean Deprun
Das Kino und die Identifikation (S. 170-175) (PDF 150 kB)

Jean Deprun
Kino und Übertragung (S. 176-181) (PDF 150 kB)

Editorial:
Das Gesicht im Film und seine sekundären Inszenierungen [Auszug]

Nach dem Gesicht im Film zu fragen, implizierte lange Zeit entweder die Hinwendung zum Stargesicht oder mündete in eine traditionelle Interpretation des Gesichts als physiognomisch und psychologisch bestimmbare Ausdrucksfläche. Als solche war das Gesicht nicht nur attraktiv oder charaktervoll, sondern vor allem auch moralisierbar. Der mimische Ausdruck des Gesichts, nicht selten durch seine spezifische Physiognomie unterstützt (vgl. Campe/Schneider 1996; Löffler 2003), diente nicht nur dem Stummfilm zur Charakterisierung der Figur. Doch insbesondere dort schien das mimisch bewegte Gesicht besonders prädestiniert, die Tiefen und Untiefen einer dem bloßen Auge ansonsten verborgenen Seele wieder auszuloten. Auch Béla Balázs’ 1923 geschriebene Filmabhandlung Der sichtbare Mensch situiert das filmische Gesicht in dem seit der Spätaufklärung kontinuierlich reflektierten Gesichtsdiskurs, indem die Unmittelbarkeit und Echtheit eines Gesichtsausdrucks proklamiert wird. Balázs’ Filmtheorie muss an dieser Stelle als grundlegender Beitrag für die spätere Auseinandersetzung um die komplexe Rolle des Gesichts innerhalb der Kommunikations- und Wahrnehmungstheorien gewürdigt werden. Hervorzuheben ist dabei die ästhetische Dimension, in der Balázs die filmische Physiognomie auslotet.
War für Balázs das Gesicht vor allem noch lesbar und dechiffrierbar, so ist es für Jacques Aumont bereits eine Kommunikationsfläche, die durch bestimmte Inszenierungsverfahren seine Bedeutung erlangt. In seinem Buch Du Visage au Cinéma (1992), dessen Kapitel „L’Homme Portrait“ in diesem Themenheft als Übersetzung vorliegt, hat Aumont zum ersten Mal eine systematische Untersuchung des Phänomens Gesicht unternommen. Seither wächst das Interesse am medialisierten Gesicht und seinen Funktionen beständig und mit ihm nicht nur die Anzahl an entsprechenden Kunstwerken und Filmen, sondern auch die der damit korrespondierenden (film-)wissenschaftlichen Diskurse. Die theoretisch-kritische Auseinandersetzung mit dem Gesicht setzt verhältnismäßig spät ein, bedenkt man, dass das Gesicht sowohl in der Bildenden Kunst als auch im Film in den 1960er Jahren stark thematisiert wurde. Man denke dabei an Ingmar Bergmans Ansiktet (Das Gesicht, S 1958) und Persona (S 1966), oder an Arnulf Rainers „Gesichts-Übermalungen“, in denen sich bereits eine hohe Sensibilität für die Gesichtsproblematik und die Folgen der vielfältigen Medialisierungen feststellen lässt. Die dort beginnende Reflexion über das Gesicht führte zu einer wachsenden Zahl von Analysen visueller Kommunikationsstrukturen und ihren gesichtsdominanten Strategien […]

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